Donnerstag, 16. April 2015

 

Von einem Fallbeispiel, das mich sehr berührt hat, möchte ich heute erzählen:

Helga, eine attraktive Anwältin kam in einer depressiven Episode zu mir. Ihr Lebensgefährte hatte sich vor etwa 1 Jahr von ihr getrennt. Sie war immer noch traurig und verzweifelt. Ihre Gefühle konnte sie nicht ausdrücken, da ihre Kinder aus der ersten Ehe noch im Haus wohnten. Niemand sollte wissen, wie es ihr geht, sie  musste  doch immer die starke Frau, Mutter und Anwältin sein. Mit Männern hatte sie Pech, so dass sie sich schon schämte, sich jemanden zu offenbaren, denn bereits zweimal wurde sie belogen und betrogen.
Sie wollte nun wissen, woran es lag, dass es ihr nicht vergönnt war, ihr Glück in der Beziehung festzuhalten. Denn sie versicherte mir, dass sie und ihre Partner doch harmonische Beziehungen geführt hätten. 


Ich erklärte ihr, dass unsere Muster in der Kindheit geprägt werden und fragte sie nach ihrer Elternbeziehung. Sie berichtete,  dass ihre Eltern keine harmonische Beziehung geführt hätten und dass sie als Kind oft in der Vermittlerrolle zwischen den Eltern fungiert hätte. Dies weckte in ihr den Wunsch nach Harmonie in ihrer Ehe. Wohl hätte sie in der ersten Beziehung mit ihrem Ehemann vieles hingenommen, was sie heute nicht mehr hinnehmen würde. Sie hat dies erkannt und wurde in der Familie konfliktbereiter. 


Helga hatte bereits vieles selbst analysiert und mit Hilfe einer Gesprächstherapie einiges bearbeitet. Sie sei aber jetzt an einem Punkt, an dem sie "tiefer graben" müsste, um etwas aufzulösen. Ich erfuhr, dass die Beziehung zu ihrem Vater gut sei und die Mutter vor 5 Jahren gestorben war. Der Vater ist pflegebedürftig und wird von der Familie ihres Bruders versorgt. Sie liebt ihren Vater und stand ihm immer etwas näher als der Mutter. Sie habe ihre Mutter bewundert, denn sie war eine großartige starke Frau.

In einer der folgenden Atemtrance befand sich nun meine Klientin als Baby auf dem Arm der Mutter. Sie weinte, weil sie das  Geborgenheitsgefühl so sehr vermisst hatte und jetzt so einmalig tief die Liebe ihrer Mutter erleben konnte. Diese Verbindung zu ihrer Mutter konnte sie ein Leben lang nicht wirklich so tief empfinden, wie das jetzt der Fall war. Irgendetwas stand zwischen ihr und der Mutter. In der nächsten Sitzung thematisierten wir diese Distanz und sie erzählte mir, dass ihr Bruder der Mutter immer näher gestanden hätte, als sie. Sie sei wohl immer noch ein wenig eifersüchtig. 


In der anschließenden Trancesitzung mit inneren Bildern konnte sie zunächst die wunderbaren Gefühle aus der ersten Sitzung wieder erleben. Aber plötzlich fühlte sie sich bei der Mutter unwohl. Ein tiefer Schatten verdüsterte die Umgebung der Mutter. Der Vater der Mutter tauchte als Figur hinter der Mutter auf. Als Baby spürte Helga die Traurigkeit, Wut und Verzweiflung ihrer Mutter. Meine Klientin, inzwischen eine Frau um die Fünfzig, spürte das große Leid ihrer Mutter. Sie ertrug dieses Leid nur, indem ihre Kinderseele auf Distanz ging, um sich selbst zu schützen. Trotzdem hatte sie sich bereits mit der leidvollen Geschichte und den Gefühlen der Mutter verstrickt. Helgas Mutter fühlte sich von ihrem Vater betrogen und belogen, da er die Familie wegen einer anderen Frau zerstört hatte. 

Dies alles geschah zwei Jahre vor der Geburt von Helga. Ihre Großmutter war zum Zeitpunkt als Helga geboren wurde bereits gestorben. Ihr Großvater hatte wohl öfter außereheliche Beziehungen, die die Großmutter schwer belasteten. Die ganze Familie litt auch deswegen darunter, weil sich die Großmutter weigerte eine lebenswichtige Operation vorzunehmen und kurz darauf verstarb. Die Mutter meiner Klientin musste nun dulden, dass die neue Lebensgefährtin das Leben mit ihrem sehr geliebten Vater teilte und diese Gefühle verursachten bei ihr sehr viel Leid (Wut, Traurigkeit und Verzweiflung).
In weiteren Sitzungen konnte sich meine Klientin vom Leid der Mutter abgrenzen. Danach fühlte sie sich befreit von dem Leid und der Last der Mutter und der Großmutter. Sie konnte so aus den ewigen Wiederholungen der Partnerschaftskonflikte aussteigen. Nach diesen Sitzungen fasste meine Klientin wieder Mut, einem Partner zu begegnen, den sie wieder achten und lieben konnte.

Eine Therapie, die zeigt, wie sehr wir von alten Mustern und Verstrickungen fremdgesteuert (familiengesteuert) sind.

Liebe Grüße

Brigitte Neusiedl
 

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